Die laute Welt

NT’s gehen gerne an Partys, Feste, Hochzeiten etc. Eigentlich mache ich das auch gerne, aber meistens wird es mir zu viel, und ich raste später aus. Ich spüre es auch gut genug, wie laut es ist. Ich würde mich so gerne mit anderen unterhalten und mit Freunden spielen, andererseits will ich mich zurückziehen und einfach meine Ruhe geniessen. Die laute Welt ist auch die chaotische Welt, die ich vielmals besuche.

Ein Gehörschutz würde wohl alles viel erträglicher machen. An Schulfesten tanze und feiere ich mit, aber am nächsten Morgen oder sogar gleich bei der Autofahrt nach Hause kann sich ein Overload entwickeln. Mehr über den Overload:

Overload / Meltdown / Shutdown – was ist das?

Meistens verstehe ich nicht, wie die anderen Kinder noch so laut rumtoben können, so viel Energie haben usw. Ich nehme meistens an solche Anlässe ein Buch mit, um mich zurückzuziehen und zu lesen. Aber meistens kann ich mich nicht konzentrieren, wenn kein ruhiger Raum da ist. Zum Teil wünsche ich mich sogar nach Hause.

Die laute Welt ist die mit den Menschen, die unberechenbar sind. Vor allem sind das die Kinder. Manchmal sind fremde Kinder für mich einfach ein Albtraum. Und ich sehe es als Pflicht, mit ihnen zu spielen und wie ein NT zu wirken. Es ist ja noch erträglich, Silvester mit Freunden und Weihnachten mit der Familie zu feiern. Ich kenne ja alle. Fremde Kinder, die ich an Festen treffe, spreche ich meistens gar nicht an.

Es wird umso schwerer, wenn meine Eltern die Kinder auch gar nicht kennen, wie zum Beispiel Cousins von Freunden, Freunde von der Familie… Wenn meine Eltern die Person jedoch kennen, fällt es mir leichter. Ich kann die Person begrüssen, will aber wieder zurück in meine ruhige Welt. Als ich noch nicht mit dem Asperger-Syndrom diagnostiziert war, hatte ich grosse Mühe damit, wegzugehen und in mein Bett zu kriechen, das Word-Programm auf dem Computer zu öffnen, und, und, und… Meistens schlich ich mich bei einem passenden Moment einfach weg. Heute sagen meine Eltern: „Du darfst rauf.“ Das ist meistens eine grosse Erleichterung. Trotzdem renne ich manchmal immer noch schnell (aber auch ganz leise) in mein Zimmer oder ins Büro und bin erleichtert, dass ich es geschafft habe.

 

 

5 thoughts on “Die laute Welt

  1. Danke du Lieber, dass du diesen Blog machst und uns damit Türchen öffnest in deinen Alltag, die uns sonst wohl verschlossen blieben. Fast alle Menschen wissen wohl fast nichts über die schweren herausfordernden Wege eines Autisten. Durch dich lernen wir dazu. Wenn du magst, darfst du gerne auch anonym für die Sternentaler-Hauptseite mal schreiben, denn niemand ist authentischer als du. Und niemand kann glaubwürdiger darüber schreiben, als ein betroffenes Kind. Mach weiter so, wir sind stolz, dass du mit deiner Familie Teil von Sternentaler bist! Alles Liebe und ein herzliches MoinMoin von der Nordseeküste..Brigitte und Heiri

    1. An der Noooordseeeeküste, am plattdeutschen Straaaand, sind die Fische im Wasser und selten an Laaaand..:D
      Kistenweise Feriengrüsse und erholsames Radiodudeln von Klaus & Klaus an dich und Heiri. Es ist schön, dass du dich für die Welt eines 9-jährigen Asperger-Autisten so interessierst. Du darfst einen beliebigen Text (oder auch mehrere) gerne auf der Sternentaler-Seite veröffentlichen.
      CJ

  2. Lieber Clément
    ich danke dir von Herzen für deinen Blog. So wertvoll sind deine Einblicke in deine Welt. Als Lehrperson habe ich mich auch schon eingelesen in das Thema Asperger. Doch du schreibst für mich so ehrlich und klar.
    In deinen Texten erkenne ich immer wieder meinen 4 jährigen Sohn. So oft ist er überreizt von dieser lauten Welt. Ein Pamir ist ein steter Begleiter…
    Merci, dass du dich so öffnest und uns teilhaben lässt. Damit wir ein wenig besser verstehen können.

  3. Ich bin Mama eines frühkindlichen Autisten, nonverbal, auch wenn er alles versteht, ist es ihm bis jetzt nicht möglich mir mitzuteilen wie er unsere Welt empfindet, wahrnimmt, warum ihn etwas stört, warum er bestimmte Dinge ablehnt und bestimmte Dinge mag. So gut es geht versuche ich mich in meinen Sohn hineinzufühlen, doch trotz grosser Bemühungen stosse ich immer wieder an Grenzen weil ich eben ein NT bin. Deine Berichte helfen mir daher sehr, sie sensibilisieren. Für mich als NT ist es ein stetiger Lernprozess, bleibt mir doch immer noch so vieles verborgen, weil meine Wahrnehmung eben schlicht anders funktioniert als bei Menschen mit ASS. Und ich mir dadurch vieles nicht vorstellen kann, auch wenn ich es stets versuche, merke ich dennoch wie weit entfernt ich davon bin. Gerne möchte die Welt wie mein Sohn wahrnehmen und sei es nur für einen Tag, spüren was er spürt, verstehen.
    Ich danke Dir von Herzen für Deine wertvollen Einblicke, Deinen Mut diesen Blog zu schreiben und Menschen mit ASS, egal welche Form des Spektrums damit eine Stimme zu geben.

  4. Vielen Dank, dass du deine Gedanken mit uns teilst. Ich bin Mutter einer frühkindlichen Autistin mit normalen IQ. Sie kann sich nicht so ausdrücken wie du. Doch erkenne ich ihre „Probleme“ und Verhalten in deinen Texten wieder. Deine Texte helfen mir meine Tochter besser zu verstehen.

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